„Eine Germanistin kämpft sich an den Herd“
Sächsische Zeitung, 2. März 2007
Lohsdorf. Der Dehoga hat den Pokal der Gastlichkeit verliehen. Den Sieg holte sich das "Landgasthaus zum Schwarzbachtal".
Doreen Hübler
Endlich sitzt Barbara Siebert still. Nachdem sie eine Viertelstunde aufgeregt zwischen Tresen, Gaststube und Küche hin und her geeilt ist. Ununterbrochen klingelte das Telefon. Es ging um die perfekte Kombination von Wein und Essen. Welcher Grauburgunder passt am besten zu einer Suppe mit erdiger Geschmacksnote? Endlich ist alles geklärt. „Stress", sagt Barbara Siebert in rollendem, badischem Dialekt und lässt sich auf einen Stuhl fallen. Sie will es nicht anders. Alles muss stimmen — vor allem Genuss, der aus ihrer Küche kommt.
Es ist früher Abend, noch ist keiner der 60 Plätze im Landgasthaus zum Schwarzbachtal besetzt. Schlicht und gemütlich ist es in der Lohsdorfer Schänke. An den Wänden hängen Ölgemälde und Regale, die mit Büchern voll gestopft sind. Ein Wink in die Vergangenheit. Eigentlich ist Chefin Barbara Siebert promovierte Germanistin, bis Mitte der neunziger Jahre unterrichtete sie unter anderem an der Technischen Universität Dresden.
Der Weg hat viel Kraft gekostet
Vom Schwarzwald, ihrer Heimat, hat es sie jedoch bereits kurz nach der Wende gen Sachsen verschlagen. Mit ihrem Mann, von dem sie mittlerweile geschieden ist, eröffnete sie 1991 den Gasthof. Der stand leer, war vorher Konsum, noch früher „Ottos Restaurant" und irgendwann dazwischen schon einmal das „Landgasthaus zum Schwarzbachtal". Ein zweites Mal würde sie diese Entscheidung nicht treffen, gesteht Barbara Siebert freimütig. „Alles aufzubauen, hat enorm viel Kraft gekostet." Vor fünf Jahren musste sie sich den Herd erobern. Nachdem erst ihr Ex-Mann, ein gelernter Koch, und später diverse Angestellte, mit denen sie aber nie wirklich zufrieden war, die Küche betreut haben. Heute ist die Autodidaktin stolz auf ihr eigenes Können. „Ich bin gut", sagt sie selbstbewusst. „Das bedeutet aber nicht, dass es nicht weitergeht. Mit der Kochkunst ist man nie fertig." Anspruchsvoll ist sie — auf jeden Fall. Was die Ausgangs- und Endprodukte angeht. „Ich benutze meist regionale Waren, was nicht heißt, dass ich auf Parmesan oder Oliven verzichte", sagt die 50-Jährige. „Aber lange Transportwege machen die Produkte ja nicht besser."
Einmal im Monat setzt sie sich hin, packt ihren Füller aus und schreibt neue Speisekarten. An der perfekten Zusammenstellung tüftelt sie lange vorher. Ihre Lieblingskreation des aktuellen Menüs: Forelle an Grapefruit-Pfeffer-Sauce. „Erst habe ich an Limonen gedacht, aber irgendwann bin ich eben auf diese Kombination gestoßen. Es schmeckt gut." Gästen und Kritikern gleichermaßen. Der Regionalverband des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) verlieh ihr den ersten Preis beim Pokal der Gastlichkeit. „Das entschädigt für die Anstrengung", sagt sie. „Außerdem ist es eine Bestätigung."
Gäste reisen aus der Ferne an.
Die Gäste dagegen zeigen ihre Begeisterung auf andere Weise — sie nehmen lange Wege in Kauf. Gut die Hälfte reist extra aus Dresden an, um in Lohsdorf einen Happen zu essen. Und noch etwas ist besonders: „Zu mir kommen viele Architekten und Juristen", sagt die Chefin. „Und klassische Musiker." Kein Wunder, im CD-Player ist Rock und Pop verboten, Klassik dagegen ausnahmslos willkommen.