Landgasthaus-zum-Schwarzbachtal feinschmecker

„Hier kocht Frau Doktor“

SlowFood Magazin, Herbst 2009

Wer in das Dörfchen Lohsdorf im Südosten Sachsens kommt, dem wies wie Brigitte Menge entweder der Zufall den Weg oder er weiß, dass in den alten Fachwerkwänden des Landgasthauses zum Schwarzbachtal den Gast ein tief in der Region verwurzeltes, nuancenreiches gastronomisches Kleinod erwartet.

Murmelnd fließt der Schwarzbach durch sein steiniges Bett, Bauerngehöfte liegen an der Dorfstraße, ländliche Gelassenheit ist allgegenwärtig. Wer den Landgasthof betritt, den empfängt Wohlgeruch in einer Umgebung, die eher an Wohnzimmer als Gasträume erinnert: Willkommen zu Hause! Hausherrin ist Dr. Barbara Siebert. Kurz nach der politischen Wende im Osten kam die promovierte Germanistin zum ersten Mal in diese Gegend. Es war Liebe auf den ersten Blick. Dresdens feinsinniges Flair, die wie Käselaibe aufgeschichteten Sandsteinberge der Sächsischen Schweiz und Menschen, deren herzliche Freundlichkeit nahezu ansteckend ist, waren Gründe für eine dauerhafte Liebe. Im Herbst 1990 packten die Sieberts ihre Siebensachen, um im ländlichen Lohsdorf einen Neuanfang zu wagen. Barbara Siebert las alles, was sie über sächsische Küche finden konnte, lernte Umgebung und Nachbarn kennen. Und nach fünf wenig überzeugenden Köchen übernahm sie letztendlich auch die Küche. Stück für Stück entwickelte sie ihr Konzept einer frischen Küche, die verarbeitet, was die Region hervorbringt. Das geschieht mit viel Respekt vor dem Produkt. „Viele vergessen, dass im Wort Lebensmittel ‚Leben' steckt", meint Barbara Siebert. „Respekt vor dem Produkt heißt für mich, dass es seine Einmaligkeit behalten kann, unverfälscht und ursprünglich." Reich deckt die Region den Tisch: Wild, Käse, Fisch, Wein, Säfte und natürlich Kräuter, die direkt vor dem Landgasthaus in üppiger Vielfalt gedeihen. Den ersten Appetit stillt der Gruß aus der Küche, ein Kräutersüppchen mit feinem Morchelschaum. Die Wartezeit auf das Hauptgericht verspricht Frische. Ein Versprechen, das der Saibling einlöst. Auf den Punkt gebraten, schwelgt er in inniger Beziehung zum Aroma des Lauterbacher Ziegenkäses, flirtet dabei mit einem Tomaten- und Basilikumpesto. Dazu schmeckt der 2007er Seußlitzer Schlossweinberg vom sächsischen Weingut Jan Ulrich phantastisch. Die Karte gleicht einer landwirtschaftlichen Reise durch die Umgebung: der Fisch kommt aus Langburkersdorf, das Wild schießt Jäger Berger aus Altendorf, Kuh- und Ziegenkäse werden in Cunnersdorf und Lauterbach hergestellt. Einen großen Teil des Schweine- und Rindfleisches bezieht das Landgasthaus aus Minsels Hofladen in Lohmen. Die Lohsdorfer Nachbarn liefern Eier, Kaninchen und Honig. Ihre Lieferanten kennt Barbara Siebert alle, mit vielen verbindet sie längst freundschaftliche Beziehungen. „Es ist doch ein Gebot der Vernunft, dass das Geld, das ich hier verdiene, auch hier bleibt", meint sie als Mitglied von Slow Food sachlich. Beim Dessert fällt die Entscheidung auf Cunnersdorfer und Wehrsdorfer Kuh- und Lauterbacher Ziegenkäse. Gut gewählt! Längst sind alle Tische im Restaurant besetzt, viele der Gäste kehren regelmäßig ein. Sie schätzen die regionale Küche mit ihren starken saisonalen Akzenten genauso wie die Herzlichkeit im Service. „Ich koche immer so, als habe ich Freunde eingeladen" meint Barbara Siebert.

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