Landgasthaus-zum-Schwarzbachtal feinschmecker

SZ plusz vergibt Bestnoten

Sächsische Zeitung, 23. April 2005

Getestet von: THOMAS NEUMANN

Wer hätte das für möglich gehalten. Zwischen all der faden Ausflugsgastronomie, zwischen Bratwurst, Eierschecke und süßlichem Krautsaat, da findet sich doch immer mal wieder eine kleine Perle des wirklich guten Geschmacks. Nicht einfach zu finden, sicher. Da muss man sich schon Mühe geben. Muss man zum Beispiel nach Lohsdorf fahren. In einer Nebenstraße am Ende des Dorfes steht der Landgasthof „Zum Schwarzbachtal".

In diesem Haus kocht Frau Doktor Siebert. Die promovierte Germanistin hat hier über die Jahre ein gemütliches Lokal aufgebaut, das seinesgleichen sucht. Viel Farbe und trotzdem nicht kunterbunt, zusammen gewürfeltes Mobiliar und trotzdem mit Stil. Überall Blumen und Kräuter, eine dicke alte Katze schleicht vorbei, fast möchte man in die Pantoffel schlüpfen sich zu Hause fühlen. Dann kommt die Wirtin höchstselbst aus der Küche und präsentiert die Karte. Service-Personal gibt es heut nicht, dafür ist an einem Sonnabendmittag zu wenig los im Schwarzbachtal. Die Karte ist handgeschrieben, auf gutem Papier und mit getrockneten Blümchen verziert. Das mag mancher kitschig finden, hier aber ist es ein Symbol für die liebevolle Sorgfalt und Individualität, die im Schwarzbachtal zu Hause sind. Ein knappes Dutzend Hauptgerichte nur, aber bei jedem Einzelnen läuft uns das Wasser schon beim Lesen im Munde zusammen. Viel Größer dürfte die Auswahl auch gar nicht sein, denn bei Barbara Siebert werden nur frische und hausgemachte Produkte verarbeitet, das meiste unmittelbar aus der Region. Es beginnt das große Schlemmern. Der warme Schafskäse (6,50 Euro) verbirgt sich unter einer Oliven-Knoblauchpaste mit vielen Kräutern und ist einfach hinreißend. Ich bin neugierig auf den Löwenzahnsalat (7,50 Euro) und angenehm überrascht Das Grünzeug von der Wiese schmeckt kräftig und herb, harmoniert aber ganz hervorragend mit einer warmen Soße aus reichlich Speck und pürierter Zwiebel. Dazu gibt es noch ein pochiertes Ei. Auch bei den Hauptgängen kann sich Frau Siebert mit den ganz Großen ihres Metiers messen. Filetsteak (16 Euro) und Lammrücken (17 Euro) sind vom Feinsten, goldrichtig gebraten und umgeben von weiteren Köstlichkeiten. Gemüse der Saison, das heißt in diesem Fall fünf kleine Häppchen, besonders der Blattspinat und die deftigen Tomatenbohnen haben es mir angetan. Dazu noch ein leckeres Kartoffelgratin. Die Kräutersenfsoße zum Rinderfilet ist so gut, dass ich entgegen alter guten Vorsätze zum Schluss noch nach dem Brot greife und den Teller sauber putze. Na gut, das gehört sich nicht, aber was will man machen? Frau Siebert kocht modern, mit Ideen und sie verzichtet trotzdem nicht auf Fett als Geschmacksträger. Damit trifft sie exakt unsere Geschmacksnerven. Selbst unsere Juniortesterin verputzt ihre Gnocchi mit brauner Soße (3,50 Euro) restlos. Ein Häppchen darf ich probieren. Ganz ehrlich, ich hab in meinem Leben noch nie so leckere Gnocchi verspeist. Opulente Dessertplatten runden das Menü ab, für ausführliches Schwelgen ist leider kein Platz mehr. Doch ganz sicher waren wir nicht zum letzten Mal in Lohsdorf.

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