„Wenn eine Germanistin den Kochlöffel schwingt“
Wochenkurier, 15. Juni 2010
Dr. Barbara Siebert hat zum zweiten Mal den „Pokal der Gastlichkeit“ gewonnen.
Nein, sie hofiert damit nicht. Ihr „Pokal der Gastlichkeit“, eine imposante Sandsteinplastik, steht bescheiden in einer Sitzecke und schaut den Gästen zu.
Lohsdorf. "Natürlich habe ich mich gefreut, als ich zum zweiten Mal den Pokal gewonnen habe. Wir sind hier kein Nobelkurort. Die Leute müssen erstmal zu uns herfinden. Aber es war auch ganz schön knapp", ist Barbara Siebert schon wieder bescheiden.
Es ist vor allem ihrem Gespühr und ihrer Liebe zu frischen Produkten der Region, am besten gleich um die Ecke, wie die Brunnenkresse am Bach vor dem Haus zu danken, dass auch die Profi-Jury ihre Gaststätte zu schätzen weiß.
Dabei ist Barbara Siebert eine Quereinsteigerin. Die promovierte Germanistin kam mit ihrem ehemaligen Mann 1990 in die Region und entdeckte durch Zufall das kleine Landgasthaus im Schwarzbachtal.
"Das schrie nach Hilfe", schmunzelt sie heute. Einfach waren die folgenden Jahre nicht. Es musste saniert werden. Im Mai 1990 eröffnete das Gasthaus neu, ihr Mann regierte in der Küche. Sie selbst gab noch bis 1996 Mittelalterkurse an der TU Dresden.
Nach der Trennung von ihrem Mann, wurde ihr 2001 die Köchin abgeworben. "Da stand ich nun da, von tuten und Blasen keine Ahnung und habe mich in die Kochkunst gestürzt. Es war wirklich hart", sagt sie rückblickend. Aber irgendwann ist der Knoten geplatzt und die Gäste wissen dieses Kleinod zu schätzen. "Mir geht es immer um den Respekt vor dem Produkt, ob das Fleisch, Kartoffeln oder Bärlauch aus meinem Kräutergarten sind und um den Respekt vorm Gast, der extra ans Ende der Welt fährt", beschreibt sie ihr Credo. Wenn die Besucher in die Küche kommen, weil es so gut riecht, ist sie glücklich.
"Gibt es aber eine Reklamation, dann trage ich das tagelang mit mir rum und mache mir Gedanken." Diese Ehrlichkeit spüren die Leute. Dabei experimentiert Barbara Siebert gerne. "Ich koche heute anders als vor ein paar Jahren, als ich das erste Mal den Pokal gewann", sagt sie. Mittlerweile hat sie eine ganze Bibliothek zu Kräutern, baut sie selbst an und lässt sich auch von ihren Reisen inspirieren. Aus Indien oder Laos hat sie Pakete frischer Gewürze mitgebracht und verbindet die mit einheimischen Produkten, dem Ziegenkäse vom biohof oder dem Wild aus dem Wald hier. Und auch von ihrer einstigen Profession hat sie sich nicht ganz verabschiedet. Regelmäßig finden im Landgasthaus literarische Abende, gewürzt mit dem entsprechenden Menü statt. Am 19. Juni geht es um erotische Geschichten aus aller Welt. "Langeweile kommt bei mir nicht auf", lacht sie. (caw)